Decollata. Die Enthauptete

Matthias Schildbach: Decollata. Die Enthauptete - Ein sächsischer Kriminalfall

Erschienen in Landesverein Sächsischer Heimatschutz e.V im Januar 2022

Der Autor, Matthias Schildbach, dürfte den Lesern der Mitteilungen von seinen beiden Büchern zu den Bomberabstürzen und den damit zusammenhängenden Ereignissen bekannt sein. „Midair Collision“ errang 2019 den zweiten Platz des Sächsischen Landespreises für Heimatforschung. Äußerst umtriebig und ehrenamtlich in seiner Gemeinde engagiert, nimmt es nicht wunder, dass Schildbach viele Themen aus seiner Region begegnen, deren historische Bearbeitung sich lohnt.

Den Anstoß für sein 2020 erschienenes Buch gab ihm das seit seiner Kindheit präsente Steinkreuz in der Nähe von Kreischa, das dem Unkundigen mit seiner Inschrift „RH / Decollata“ und „18. Dezember Anno 1750“ Rätsel aufgibt. Es handelt sich um ein Erinnerungskreuz – aufgestellt wann und von wem ist unbekannt – an Rosina Heschel aus Gombsen, die wegen Kindsmords geköpft oder, wie man früher sagte, decolliert wurde.

Diese war, wie Schildbach anhand einer Zusammenstellung aufführt, bei weitem nicht die einzige Mörderin ihres Babys in der Region südlich von Dresden. Dabei bleibt jedoch unklar, ob das Kind als Totgeburt auf die Welt kam, es kurze Zeit nach der Geburt auf natürliche Art und Weise starb oder von seiner Mutter getötet wurde. Im Sächsischen Staatsarchiv hat sich dazu die umfangreiche Akte erhalten, die für Schildbach die zentrale Quelle seines Buches darstellt. Aus ihr schöpft er die Aussagen, den Ablauf der Befragung Rosina Heschels und zu ihrem Gang auf das Schafott sowie die Auseinandersetzungen danach, bei denen es darum ging, wer für die Hinrichtung nun eigentlich die Kosten tragen muss.

Der Autor unternahm zudem den Versuch, durch die Einschätzungen mehrerer einschlägiger Ärzte zu klären, woran das Baby wirklich gestorben ist. Kopffrakturen durch Schläge oder Ähnliches fanden sich nicht; eher lassen die erhaltenen Sektionsberichte von damals den Schluss zu, dass das Kind an Sauerstoffmangel kurze Zeit nach der Geburt gestorben ist. Den Leser erwartet keine akademische Schilderung der vorgeblichen Kindsmörderin Rosina Heschel, sondern eine Mischung aus fiktionaler Erzählung, streng an den Quellen orientiert, und die Darstellung historisch-juristischer Prozesse.

Das Buch reiht sich damit in die seit 1990 doch recht umfangreiche Literatur über sächsische Kriminalfälle ein, die, wie in anderen deutschen Ländern, seit langem eine große Beliebtheit erfährt. Es ist bei weitem nicht die erste Veröffentlichung über „sächsische Kindsmörder“, aber doch eine der ausführlichsten. Schildbach bleibt nah an den Quellen, schmückt jedoch die Erzählung aus, um sie den Lesegewohnheiten von heute näherzubringen, da das Kanzleideutsch nur noch schwer verständlich ist. Der Leser von heute steht der damaligen Rechtsprechung vor allem deshalb beklommen gegenüber, da oft nicht mit letzter Gewissheit gesagt werden kann, ob die Mütter wirklich ihre Kinder getötet hatten. Es folgte dieser Beschuldigung fast immer das Todesurteil.

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Der SS-Mann, der den amerikanischen Bomberpiloten erschoss

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,,Auch unangenehme Kapitel aufarbeiten“